Klimaschutz: Deutschland reißt eigene Ziele

Deutschlands Klimaziele für das Jahr 2030 sind wohl nach aktuellem Stand eher nicht mehr zu erreichen. Diese Einschätzung stammt vom fünfköpfigen Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung und fand Eingang in das jüngste Gutachten zum Stand der deutschen Klimapolitik. Wie die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Brigitte Knopf, bei der Vorstellung des Gutachtens sagte, sehe es im Moment nicht so aus, als würden die 2030er-Ziele erfüllt werden. „Mit einem ‚Weiter so‘ werden wir die Klimaziele für das Jahr 2030 definitiv nicht erreichen.“

Ziel der Bundesregierung ist es, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu senken. Das Gutachten zum Stand der deutschen Klimapolitik wurde erstmals veröffentlicht, es wird künftig gemäß Klimaschutzgesetz im Zweijahresrhythmus erneut aufgelegt.

Die Zielverfehlung ist dabei durchaus substanziell. Dem Gremienmitglied Thomas Heimer zufolge müsste sich die jährlich erzielte Minderungsmenge im Vergleich zur historischen Entwicklung der letzten 10 Jahre mehr als verdoppeln. „Im Industriesektor wäre etwa eine 10fache und beim Verkehr sogar eine 14fache Erhöhung der durchschnittlichen Minderungsmenge pro Jahr notwendig.“

Von 2000 bis 2021 sei der Treibhausgas-Ausstoß zwar temperaturbereinigt um rund 27 Prozent gesunken. Allerdings entfällt die Hälfte dieser Minderungsquote allein auf die Energiewirtschaft. Nun würden hier ein stärkerer Verbrauch und Konsum entgegenwirken. Laut dem Ratsvorsitzenden Hans-Martin Henning wurden zuletzt Effizienzgewinne etwa durch das „allgemeine Wirtschaftswachstum, größere Wohnfläche oder gestiegene Transportleistungen“ konterkariert.

Nötig sei nun ein forcierter Ausbau erneuerbarer Energien. Bei Solaranlagen und Windparks auf See werde es schwierig, bei Windparks an Land sehe das aber etwas besser aus. Geräte, die mit fossilen Brennstoffen arbeiten, müssten ausgetauscht werden, aber auch die Menschen ihr Verhalten ändern.

Gasspeicher: Füllstände sinken erstmals

Die deutschen Gasspeicher sind in der Gaskrise ein wesentliches Element, um für mögliche Engpässe gerüstet zu sein. Die Bundesnetzagentur muss nun erstmals einen rückläufigen Trend bei den Füllständen verkünden. Zwar handelt es sich lediglich um einen Rückgang von 0,03 Prozent auf 99,26 Prozent. Aber immerhin fühlte sich BNetzA-Chef Klaus Müller bemüßigt, per Twitter zu kommentieren: „Erstmalig sehen wir ein leichtes Ausspeichern aus den […] Gasspeichern […]. Wir haben viel Gas gespeichert, aber der Winter kann Iange dauern. Um eine Gasmangellage zu vermeiden, müssen wir Gas sparen, LNG Terminals errichten & unsere Infrastruktur sichern.”

Zuletzt waren die Füllstände der Gasspeicher immer weiter gestiegen. Das lag unter anderem an den noch recht hohen Temperaturen im Herbst. Die Bundesnetzagentur hatte aber bereits letzte Woche angekündigt, dass die Ausspeicherphase bald beginne. 

Die Speicher sind wichtig für die Funktionsfähigkeit des Marktes, weil sie Schwankungen beim Gasverbrauch ausgleichen und so ein Puffersystem darstellen. Für gewöhnlich sind sie mit Beginn der Heizperiode im Herbst gefüllt, seit diesem Jahr sind die Füllstände sogar über das Energiewirtschaftsgesetz geregelt. Bis zum Frühjahr nehmen die Füllstände kontinuierlich ab. Am 1. Februar sollen sie laut EnWG noch zu 40 Prozent gefüllt sein.

Die gute Fülllage könnte ein Grund dafür sein, dass sich die Menschen in Deutschland aktuell wenig Sorgen machen, dass es zu einer Gasmangellage kommen könnte. Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach im Auftrag der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” gingen im August 2022 noch 52 Prozent der Befragten davon aus, dass im kommenden Winter in Deutschland nicht genügend Gas zur Verfügung steht. Bis Oktober sank dieser Anteil auf 36 Prozent.

BEHG-Novelle: CO2-Preisanstieg künftig langsamer

Der Bundesrat hat die Novelle des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) verabschiedet. Im Kern ging es dabei um eine verringerte Geschwindigkeit bei der Anpassung des CO2-Preises. Dieser wird in den kommenden drei Jahren etwas geringer steigen als ursprünglich geplant. Dafür gibt es ab 2026 einen etwas größeren Sprung. Die Anpassung ist also nur gestreckt, nicht aufgehoben worden!

Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zeige die Klimakrise, dass fossile Energien keine Zukunft hätten. „Die aktuelle Energiekrise zeigt das umso mehr. Klimaschutz geht aber nicht ohne soziale Gerechtigkeit, beides muss immer Hand in Hand gehen. Deshalb verringern wir die CO2-Abgabe in den kommenden Jahren um rund ein Drittel. Das entlastet Haushalte und die Wirtschaft in der gegenwärtigen Energiekrise. Gleichzeitig nutzen wir die Einnahmen aus den CO2-Abgaben der Unternehmen, um damit unter anderem Förderprogramme für klimafreundliche Gebäude und Fahrzeuge zu finanzieren. Das kommt allen Bürgern und Bürgerinnen zu Gute und erleichtert den Umstieg auf erneuerbare Energien.“

Konkret wird die eigentlich für 2023 anstehende Erhöhung des CO2-Preises um ein Jahr verschoben. In den Folgejahren 2024 und 2025 wird der bislang gesetzlich vorgesehene Festpreis nach dem BEHG im Vergleich zu dem bisher vorgesehenen Festpreis um jeweils 10 Euro gesenkt. Erst 2026 kommt es dann zu einem doppelt so großen Sprung wie eigentlich geplant, um wieder auf dem vorgesehenen Preisniveau zu landen.

Zudem gibt es weitere Anpassungen im BEHG: Ab dem 1. Januar 2023 startet die CO2-Bepreisung für Kohle-Emissionen, Betreiberinnen und Betreiber von Anlagen zur Abfallverbrennung haben dagegen ein Jahr länger Zeit, um sich vorzubereiten.

Das geänderte BEHG soll noch im November 2022 in Kraft treten.